Am 17. Juli 2013 fand auf der Feste Marienburg in Würzburg das Wasserkraftforum Bayern statt. Über die Berichte darüber gibts es bereits bei uns im Forum ein eigenes Thema dazu. Am 19. Juli hat Frau Renate Schwäricke von BUND Naturschutz in Bayern e.V. eine Email an Frau von Hassel, der Verlegerin der bayerischen Gemeindezeitung, welche wiederum das Wasserkraftforum veranstaltet, geschrieben. Dies sind sozusagen die Nachgedanken von Frau Schwäricke zu dieser Veranstaltung, zu der übrigens die Naturschutzverbände offiziell gar nicht eingeladen waren, sich aber nicht haben nehmen lassen dennoch zu erscheinen. Auf eine Antwort von Frau von Hassel wartet Frau Schwäricke übrigens bis heute.

 

Sehr geehrte Frau von Hassel,

leider musste ich schon vor Ende der Veranstaltung zum Zug. Ich habe Ihnen daher unseren Flyer mit den unbeachteten Fakten zur Wasserkraft auf Ihren Platz gelegt.

http://www.bund-naturschutz.de/uploads/media/Faltblatt_Wahrheit_Wasserkraft_2012_02.pdf

Ich freue mich in Ihnen eine Tierschützerin gefunden zu haben und bitte Sie, sich diesen Flyer aus diesem Grund durchzulesen, denn Tierschutz darf nicht an der Wasseroberfläche aufhören. Dies betrifft nicht nur Fischer, die immer nur „versuchen“ können einen Fisch zu fangen, den sie dann nach Fischereirecht auch töten müssen (vorausgesetzt er befindet sich nicht in der Schonzeit, ist größer als das Schonmaß und steht nicht unter Artenschutz). Damit will man verhindern, dass die Fische nur zum Spaß gequält werden, denn ein Haken im Maul hinterlässt, auch wenn er wieder entfernt wird, eine Wunde. Anders als bei der Wasserkraft gibt es für die Fischer also klare gesetzliche Vorgaben, wie und wann sie einen Fisch töten dürfen/ müssen. Es gibt sogar Vorgaben zur maximalen Entnahmemenge. Das Gewässer muss nachhaltig bewirtschaftet werden, d.h. die Fischer führen Buch über ihre Fänge und müssen entsprechende Mengen wieder einsetzen. Aber auch darüber hinaus investieren Fischereivereine große Summen und viel ehrenamtliche Arbeit in die Hege der Fische und der Gewässerpflege.

Bei der Wasserkraft ist das leider nicht so. Anders als die Fischer sind die Turbinen 24h pro Tag im Einsatz und stehen für Fische unausweichlich quer im Gewässer. Der Fisch kann am Haken eines Anglers vorbeischwimmen, er kann sich sogar den Köder stibizen, an einer Turbine kommt er nicht vorbei. Der letzte Vortrag („Fischfreundliche“ Niederdruckturbine – ein innovativer Ansatz, Herr Grünig) zeigte nur allzu deutlich, dass dieses Problem tatsächlich existiert, sonst bräuchten solche Turbinen nicht erfunden zu werden. Dann wären die herkömmlichen ja ausreichend. Dass sie es nicht sind, zeigt der Fischbestand in Bayern. 94% der Fließgewässerfischarten Bayerns stehen auf der Roten Liste oder der Vorwarnstufe. Das wäre in etwa so, als hätten wir bei den Vogelarten nur noch Sperlinge, Amseln und Meisen. Unter Wasser bemerken das leider nur die Fischer, weshalb hier ein großer Groll gegenüber der Wasserkraft herrscht. Die Wasserkraftbetreiber merken es in vielen Fällen auch, wenn sie die zerhäckselten Fische mit dem Geschwemmsel entsorgen. Viele dieser Fische verbleiben aber zerteilt im Wasser und werden von anderen gefressen oder vermodern einfach. Nur leugnen die Betreiber aus guten Grund (finanzielles Interesse), was sie eigentlich wissen.

Der Groll wird nicht weniger, wenn die Naturschutzverbände und die Fischer von der Regierung zum Wasserkraft-Dialog eingeladen werden und anstelle der versprochenen Möglichkeit über den 10-Punkte-Plan zum Ausbau der Wasserkraft zu diskutieren, ist dieser in der Zwischenzeit schon im Landtag vorgestellt worden und zur Basis eines Entwurfs einer wirtschaftsorientierten Vollzugsverordnung Wasserkraft geworden, bei der man die Verbände dann gerne am Tisch gehabt hätte. Sieht ja auch besser aus! Wir haben in der ersten (und einzigen Sitzung) gemeinsam mit den Fischern klargestellt, dass wir mit diesem Vorgehen nicht einverstanden sind und was unsere Kritik, aus dem Interesse des Naturschutzes heraus, an dem o.g. Basispapier ist. Es wurde zur Kenntnis genommen und das war’s denn auch. Das ist kein fruchtbarer Dialog, der Weiterentwicklungen ermöglicht, sondern ein Alibi-Dialog mit einem feststehenden Ziel. Im Nachhinein hätten wir mit am Tisch gesessen, wenn die Vollzugsverordnung gekommen wäre, deren Ziel ganz klar die Reduzierung des Naturschutzes im Genehmigungsverfahren war. Deshalb sind wir aus der Arbeitsgruppe ausgestiegen, ohne jedoch den Dialog von außen mit dem Ministerium abzubrechen.

Die Redner Ihrer Veranstaltung und auch die Einladungen zeigten sehr deutlich eine Tendenz. Es ging darum der Wasserkraft eine Plattform zu bieten, für sich zu werben, natürlich bei Ihren Abonnenten, denn die meisten Kommunen erstellen Klimaschutzkonzepte und möchten energieautark werden und sind finanzstarke Kunden. Ich bin allerdings der Meinung, dass Sie es Ihren Abonnenten schuldig wären, umfassend aufzuklären und nicht nur eine „Butterfahrt“ zu machen. Zumal der Naturschutz in Bayern sogar Verfassungsrang hat, die Energieerzeugung nicht… Es fehlte daher eindeutig ein Redebeitrag aus dem Blickwinkel des Natur-, Gewässer- oder Tierschutzes. Ich würde nicht mal fordern, dass dieser Beitrag von einem Naturschutzverband kommen müsste. Trotzdem wäre es für die Stimmung auf der Veranstaltung gut gewesen, wenn Sie die großen bayerischen Naturschutzverbände (BUND Naturschutz, LFV und LBV) wenigstens eingeladen hätten, einen Vertreter zu schicken. Denn wie soll ein Dialog stattfinden, wenn wir nicht mal eingeladen werden? Der Veranstaltung hätte es auf jeden Fall gut getan im Sinne einer umfassenden Information, zumindest jemanden aus dem LfU oder dem Umweltministerium zur Problematik der Gewässerökologie und Wasserkraftanlagen vortragen zu lassen. Alle Kommunen müssen ja auch die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie erreichen und zwar eigentlich bis zum Jahr 2015. Das geht nicht ohne sich selbst reproduzierende Fischbestände.

Die guten Ansätze in Sachen Natur- und Fischschutz der großen Wasserkraftbetreiber kommen auch nicht aus purem Gutmenschentum, wie man nach den Vorträgen von Herrn Dr. Schleich (RMD-AG) und Herrn Dr. Pöhler (BEW-GmbH) glauben könnte. Sie müssen das tun, um den Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie nachzukommen und sie wollen das tun, um in den Genuss der erhöhten Einspeisevergütung zu kommen, was bei der jährlichen Energieproduktion die Investitionen um ein zig-faches übersteigt. Das Naturschutzgroßprojekt DonAuwald, welches Herr Pöhler vorgestellt hat, war übrigens kein Projekt der BEW, sondern ein Projekt des Bundesamt für Naturschutz, um die Frage zu beantworten, wer vom Naturschutz denn da dabei eigentlich gewesen wäre. Die BEW war lediglich Projektpartner, da Wasserrechtseigner in diesem Bereich. Naturschutz ist vornehmlich eine staatliche Aufgabe, derer sich aber auch viele engagierte Bürger im Ehrenamt annehmen, um zum Gelingen beizutragen.

Und ein letztes zum Thema Klimaschutz: CO2-frei ist nicht alles. Es gibt auch andere Treibhausgase, zum Teil wie im Fall von Methan mit einer erheblich Klima schädigenderen Wirkung als CO2 (25 -33 x stärker). Dazu die aktuellste Meldung aus der Wissenschaft, von der Herr Kaiser und ich ja bereits berichtet haben.

http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-16422-2013-07-19.html

Grund für die Methanbildung ist der Stau und der verschwindet auch nicht mit einer noch so fischverträglichen Turbine. Der Stau bleibt ein Problem und er wird zum Problem in jedem Stausee. Pumpspeicher sind daher ein Irrweg.

Wenn es Ihnen Ernst ist mit der bayerischen Heimat, die wesentlich durch die Schönheit der Landschaft bestimmt wird, und mit dem Klimaschutz, dann überdenken Sie Ihre Position zum weiteren Ausbau, der bereits zu 90% ausgebauten bayerischen Fließgewässer. Für Fragen und Information stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichem Gruß


Renate Schwäricke

Sprecherin Landesarbeitskreis Wasser

BUND Naturschutz in Bayern e.V.


diese Email als PDF

beamy-demonic