Die Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat zum Thema „Erhalt des Kormoranschutzes“ eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt, die am 24. Oktober 2014 beantwortet wurde (Drucksache 18/2979).
In der Antwort der Bundesregierung werden zur Entwicklung des Kormoranbestandes in Europa die Daten angegeben, die in dem Bericht von Th. Bregnballe und Mitarb. (2014) für die westliche Paläarktis für das Jahr 2012 zusammengestellt wurden und die sich für die beiden Unterarten von Phalacrocorax carbo auf 406 000 bis 421 000 Brutpaare beliefen. Dazu wird vermerkt, dass sich die Zahlen seit dem Jahr 2006 wenig verändert hätten.
An dieser Feststellung sind insofern erhebliche Zweifel angebracht, als für das Jahr 2006 von der Kormoranforschungsgruppe (CRG) von Wetlands International eine Brutpaarzahl von insgesamt 372 336 gemeldet wurde. Beim Vergleich des Brutpaarbestandes der kontinentalen Unterart Ph. carbo sinensis stehen Zahlen von 320 000 im Jahr 2006 Zahlen von 371 000 im Jahr 2012 gegenüber. Das ist immerhin ein Plus von 16 %. Kohl (2011) hatte bereits für das Jahr 2010 die Zahl der Brutpaare der kontinentalen Unterart mit etwa 480 000 beziffert (Fischer und Teichwirt 8/2014: 306-308). Es muss also durchaus angenommen werden, dass der Kormoranbestand in Europa in den letzten Jahren nicht abgenommen hat oder gleich geblieben ist, sondern weiter angestiegen ist.
Nach Auffassung der Bundesregierung befindet sich die Kormoranpopulation in Deutschland in einem günstigen Erhaltungszustand. Es wird nicht mehr mit relevanten Wachstumsraten gerechnet.
In ihren weiteren Ausführungen verweist die Bundesregierung unter anderem darauf, dass für eine Reihe von Fragen die Zuständigkeit bei den Bundesländern liegt. Die Erheblichkeit eines aufgetretenen Schadens muss nach Meinung der Bundesregierung im Einzelfall beurteilt werden. „Wichtig ist, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, dass die Präsenz von Kormoranen in einem bestimmten Gebiet tatsächlich für einen erheblich reduzierten fischereiwirtschaftlichen Ertrag verantwortlich ist“. Für das Bundesgebiet liegen der Bundesregierung keine aussagekräftigen Daten über durch Kormorane nachweislich verursachte wirtschaftliche Schäden vor.
Aus den von den Bundesländern für die Ausnahmeberichterstattung gemäß Artikel 9 Absatz 3 V-RL gemeldeten Zahlen ergibt sich, dass die Abschüsse von Kormoranen in Deutschland bis zum Jahr 2009 zugenommen haben und seitdem um einen Wert von jährlich etwa 25 000 Abschüssen pendeln.
Sehr zu Recht hat DAFV-Präsidentin Dr. Christel Happach-Kasan in ihrem offenen Brief vom 8. August 2014 an die Umwelt- und Landwirtschaftsministerien von Bund und Ländern deutlich gemacht, dass weiterhin hohe Bestandsdichten des Kormorans die aquatische Artenvielfalt und Artenschutzprogramme für autochthone Fischarten wie Aal oder Äsche gefährden. In einigen Regionen schädigt der Kormoran die Fischbestände in der Aquakultur und in den bewirtschafteten Gewässern derart, dass erhebliche finanzielle, teilweise die Existenz bedrohende Schäden entstehen. In ihrem Schreiben hat die Präsidentin auch auf die außerordentlich große Bedeutung verwiesen, die der „Bund-Länder-Arbeitsgruppe Kormoran“ zukommt (Fischwaid 3/2014: 4). In diesem Zusammenhang hat sie der Erwartung Ausdruck verliehen, dass die Maßnahmen von Bund und Ländern auch künftig gut abgestimmt und koordiniert werden.
Prof. Dr. Werner Steffens